2021-02-12 18:00:05
Продолжаем читать. Сегодня изучаем начало поэмы
"Annette, ein Heldinnenepos" писательницы Анне Вебер, получившей в 2020 году
Buchpreis.
#Lesen
Анне Вебер написала поэму про Анн Бомануар (родилась в 1923 году) — известную активистку Коммунистической партии Франции, сначала боровшуюся против вишистского режима, а потом рискнувшую пожертвовать свободой ради независимости Алжира. Вебер исследует, почему люди сопротивляются власти, что толкает их на протест и чем они готовы ради этого пожертвовать.
То, что это поэма, не должно вас оттолкнуть, она написана относительно несложным языком, хотя и образным. И не забывайте, что вы можете бесплатно взять эту книгу в библиотеке Гёте-института.
А я показываю вам первые страницы книги, которые находятся в свободном доступе.
С меня - как всегда - лексика:
Dieulefit - Дьёлефи (муниципалитет на юге Франции)
undurchdringlich - непроницаемый
der Maulwurf - крот
Arguenon - Аргенон (река во Франции)
das Bett - здесь русло
auf der Flanke liegen - лежать на боку (про лодку)
La Manche - пролив Ла-Манш
der Ärmel - рукав
hohl - пустой
sachte - постепенно
das Gestirn - небесное тело
die Sackgasse - тупик
verkümmert - ущербный
Anne Weber "Annette, ein Heldinnenepos":
Anne Beaumanoir ist einer ihrer Namen.
Es gibt sie, ja, es gibt sie auch woanders als auf
diesen Seiten, und zwar in
Dieulefit, auf Deutsch
Gott-hats-gemacht, im Süden Frankreichs.
Sie glaubt nicht an Gott, aber er an sie.
Falls es ihn gibt, so hat er sie gemacht.
Sie ist sehr alt, und wie es das Erzählen will,
ist sie zugleich noch ungeboren. Heute,
da sie fünfundneunzig ist, kommt sie
auf diesem weißen Blatt zur Welt –
in eine
undurchdringliche Leere, in die sie
lange runde
Maulwurfblicke wirft und die sich
nach und nach mit Formen und mit Farben, mit Vater Mutter Himmel Wasser Erde füllt.
Himmel und Erde sind bleibende Erscheinungen,
das Wasser aber kommt und geht, es strömt
ins trockne Bett des Flusses
Arguenon,
wo es
zweimal am Tag die Boote aufrichtet, die schon seit
Stunden
auf der Flanke liegen. Zweimal am Tag
zieht sichs ins Meer zurück, Ärmelkanal
nennt man es hier, auch kurz
La Manche,
Der
Ärmel, obwohl es kein Kanal und auch kein Ärmel ist, nichts Hohles also, eher schon ein Arm: der
Meersarm, den der Atlantik zur
Nordsee rüberstreckt.
Sachte legen sich die
Boote wieder seitlich auf den Bauch.
Im All des Zimmers, dem noch unbewohnten,
schwimmen vier und auch manchmal sechs
glänzende Gestirne oder Augen. Wie in der Dunkelkammer
langsam Konturen aus dem Nichts aufsteigen,
beginnen sich um die
Gestirne Gesichter abzuzeichnen. Mutter. Großmutter.
Vater. Das Kind, das Anne heißt und alle
Annette nennen (sprich Annett) bringt diese
Planeten zum Kreisen.
Von Annette ist Anne (die Heutige) dem Alter nach
doppelt so weit entfernt, wie ihre
Großmutter es damals war, aber irgendwo
erstaunlich fern und nah
gibt es noch dieses Kind. Es ist eins mit ihr,
ist nicht
verkümmert und nicht tot, es schläft,
es ist noch da.
Geboren wird Annette in einer
Sackgasse,
und das nicht bloß im übertragnen Sinne
wie wir alle. Das Haus der Großmutter schließt
eine Reihe unverputzter Fischerhäuschen ab, die
mit ihm unvermittelt endet vor dem Fluss. Ein jedes Häuschen hat unten einen Wohnraum
und rechts und links eine Kammer unterm Dach.
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